Ein eleganter Mann dieser Henry Ford, was er trägt, könnte man heute noch anziehen. Scharf, diese engen Hosen. Das Auto neben ihm, das im Volksmund den schönen Namen Tin Lizzie tragen sollte, wirkt nicht so modern wie seine Kleidung. Heute vor 79 Jahren wurde das Modell A (der Nachfolger des berühmten Model T) eingestellt und das Modell B gebaut. Vom Modell A waren schon mehr als 4.3 Millionen gebaut worden. Ein wahrer Volkswagen. Das Modell B trägt in Deutschland den Namen Rheinland und den Zusatz Deutsches Erzeugnis, alles ist jetzt in Deutschland deutsch. Bertolt Brecht, der gerade Deutschland verlassen musste, dichtete damals im Alfabet:
Ford hat ein Auto gebaut
das fährt ein wenig laut,
es ist nicht wasserdicht
und fährt auch manchmal nicht.
Brecht fährt jetzt im dänischen Exil einen Ford A, vorher hatte er einen Steyr gefahren. Den hatte er von der österreichischen Firma als Dank für sein Gedicht Singende Steyrwägen bekommen. Den hat jetzt die Gestapo beschlagnahmt. Nach dem Krieg hatte Brecht dann wieder einen Steyr 220 gekauft, er bleibt der Marke treu. Vielleicht fuhr er keinen Ford mehr, weil er inzwischen erfahren hatte, dass Ford von Hitler begeistert war und ein Buch über die Juden geschrieben hatte.
Das offensichtlich, so die Aussage von Baldur von Schirach im Nürnberger Prozess, viele beeinflusst hatte: Das ausschlaggebende antisemitische Buch, das ich damals las und das Buch, das meine Kameraden beeinflußte [...] war das Buch von Henry Ford 'Der internationale Jude'. Ich las es und wurde Antisemit. Dieses Buch hat damals auf mich und meine Freunde einen so großen Eindruck gemacht, weil wir in Henry Ford den Repräsentanten des Erfolgs, den Repräsentanten aber auch einer fortschrittlichen Sozialpolitik sahen.
Und passend zu dem Photo hier von der Verleihung des Deutschen Adlerordens (Ford trägt bei der Verleihung einen eleganten weißen Anzug, die Farbe der Unschuld), habe ich noch ein Gedicht aus der Firmenzeitung von Ford Deutschland aus dem Jahre 1940, das den deutschen "Führer" preist:
Wir haben Dir einmal geschworen,
Nun sind wir auf Immer Dein.
Wie Bäche im Strom verloren
Münden wir in Dich ein.
Auch wenn wir Dich einmal nicht fassen,
Werden wir mit Dir gehn.
Einst wirst Du uns schauen lassen,
Was Du vor uns gesehn.
Herzen wie erzene Schilde
Haben wir um Dich gestellt.
Und es ist uns, als hielte
Gott durch Dich seine Welt.
Nun sind wir auf Immer Dein.
Wie Bäche im Strom verloren
Münden wir in Dich ein.
Auch wenn wir Dich einmal nicht fassen,
Werden wir mit Dir gehn.
Einst wirst Du uns schauen lassen,
Was Du vor uns gesehn.
Herzen wie erzene Schilde
Haben wir um Dich gestellt.
Und es ist uns, als hielte
Gott durch Dich seine Welt.
Ford Automobile sind der Beginn von Amerikas love affair mit dem Auto, zwischen 1900 und 1920 ist die Zahl der Automobile von achttausend auf acht Millionen gestiegen. Seit Mitte der zwanziger Jahre gibt es in Amerika auch ein durchgehendes Straßennetz. Dank Napoleon haben wir das in Europa schon etwas früher. Die ersten Tin Lizzies hatten noch den Radstand, der einem Pferdewagen entsprach, so passten sie in die Spur.
1930 ist die Firma Ford nach Deutschland gekommen. Da war sogar Henry Ford nach Köln gekommen. 1929 hatte Konrad Adenauer den Vertrag über den Bau des Fordwerkes in Köln unterschrieben. Obgleich sie vorher (seit 1926) in Berlin Moabit noch importierte T Modelle zusammenschraubten, war das erste, was sie in Köln-Niehl bauten, das Modell A. Kostete 3.750 Mark, das 1,8 Liter Modell von Opel war fünfhundert Mark billiger. Dann brachte Ford ein Billigmodell namens Köln für 2.250 Mark heraus, um mit den preiswerteren Opelmodellen konkurrieren zu können. Sah aber scheußlich aus, dagegen wirkte das Modell Rheinland (3.900 Mark) wie ein richtiges Auto. Hatte aber diese Kastenform, andere Firmen in Amerika wie zum Beispiel das Chrysler Airflow Modell haben jetzt schon das Stromliniendesign. Ganz Amerika tobt sich in den dreißiger Jahren im Design aus, schönere Autos als die Auburns, Cords und Duesenbergs sind nie wieder gebaut worden.
Styling und Design sind niemals die Sache von Ford gewesen, außer dem Ford Mustang hat es ja auch nie ein aufregendes Ford Modell gegeben. Aber Ford kann sich der Stromlinie nicht verschliessen, und so zeigt das Ford Eifel Cabrio von 1935 schon geschwungene Linien. Vollends der Ford V8, das größte Auto, das Ford in Köln baut. Kostet 5.085 Reichsmark, dafür kriegt man schon einen Mercedes. 1939 kam dann der Ford Taunus, der nur Buckeltaunus hieß (und eine schlechte Imitation des Chrysler war). Der wurde noch in den fünfziger Jahren gebaut. Dann kam der potthässliche 12 M mit der Weltkugel am Kühler (und der Vorkriegstechnik vom Ford Eifel innen drin), die später durch das Kölner Stadtwappen ersetzt wurde. Offensichtlich hatte man in Köln begriffen, dass es für die ganze Welt noch nicht reichte.
Wenn man bedenkt, dass es in dieser Zeit in Deutschland noch über hundert verschiedene Automarken gibt, die häufig ein viel schöneres Design haben (und auch häufig qualitativ viel besser sind), finde ich es erstaunlich, dass Ford am deutschen Markt überhaupt reüssiert. Es gibt ja auch wenige Firmen, die für ihr Design so viele Spitznamen bekommen haben, da sind Badewanne und Gelsenkirchener Barock ja geradezu nett. Von der amerikanischen Designkatastrophe, dem Ford Edsel (die Abkürzung von every day something else leaks) wollen wir jetzt lieber nicht reden.
Das Originellste, was Ford zur Zeit produziert, ist ein neuseeländischer Werbespot, der das Gedicht The Road not Taken von Robert Frost in Bilder setzt. Das ist nun schon wieder sophisticated und Welten von dem Führer Gedicht von 1940 entfernt.
Two roads diverged in a yellow wood,
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;
Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,
And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.
I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I—
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
And sorry I could not travel both
And be one traveler, long I stood
And looked down one as far as I could
To where it bent in the undergrowth;
Then took the other, as just as fair,
And having perhaps the better claim,
Because it was grassy and wanted wear;
Though as for that the passing there
Had worn them really about the same,
And both that morning equally lay
In leaves no step had trodden black.
Oh, I kept the first for another day!
Yet knowing how way leads on to way,
I doubted if I should ever come back.
I shall be telling this with a sigh
Somewhere ages and ages hence:
Two roads diverged in a wood, and I—
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
Ich weiß zwar nicht, was Ford uns damit sagen will - das weiß ich bei den meisten Werbespots für Automobile nicht - ist aber nett gemacht. Erstaunlich, wofür man Robert Frost alles gebrauchen kann. Kennedy brauchte ihn damals für seine Inaugurationsfeier, als der greise Dichter The Gift Outright vortrug. Bei dem YouTube Video findet sich ein witziger Kommentar That's a FORD ad? Wow. Awesome interpretation of the poem. I don't much want to buy a Nazi Ford automobile, but still, a good vid.
Das letzte Wort soll heute Dick Feller haben, der den schönen Song Lord, Mr. Ford geschrieben hat, den Jerry Reed 1973 sang
Well, if you're one of the millions who own one of them gas drinking, piston clinking, air polluting, smoke belching, four wheeled buggies from Detroit City, then pay attention; I'm about to sing your song son.
Well, I'm not a man appointed judge
To bear ill-will and hold a grudge
But I think it's time I said me a few choice words
All about that demon automobile
A metal box with the polyglass wheel
The end result to the dream of Henry Ford
Well, I've got a car that's mine alone
That me and the finance company own
A ready made pile of manufactured grief
And if I ain't out of gas in the pouring rain
I'm a-changing a flat in a hurricane
I once spent three days lost on a cloverleaf
Well, it ain't just the smoke and the traffic jam
That makes me the bitter fool I am
But this four wheel buggy is a-dollaring me to death
For gas and oils and fluids and grease
And wires and tires and anti-freeze
And them accessories, well honey that's something else
Well, you can get a stereo tape and a color tv
Get a backseat bar and reclining seats
And just pay once a month, like you do your rent
Well, I figured it up and over a period of time
This four thousand dollar car of mine
Costs fourteen thousand dollars and ninety-nine cents
Well, now Lord Mr. Ford, I just wish that you could see
What your simple horseless carriage has become
Well, it seems your contribution to man
To say the least, got a little out of hand
Well, Lord Mr. Ford, what have you done
Now the average American father and mother
Own one whole car and half another
And I bet that half a car is a trick to buy, don't you?
But the thing that amazes me I guess
Is the way we measure a man's success
By the kind of an automobile he can afford to buy
Well now, red light, green light, traffic cop
Right turn, no turn, must turn, stop
Get out the credit card honey, we're out of gas
Well, now all the car's placed end to end
Would reach to the moon and back again
And there'd probably be some fool pull out to pass
Well now, how I yearn for the good old days
Without that carbon monoxide haze
A-hanging over the roar of the interstate
Well, if the Lord that made the moon and stars
Would have meant for me and you to have cars
He'd have seen that we was all born with a parking space
Lord Mr. Ford, I just wish that you could see
What your simple horseless carriage has become
Well, it seems your contribution to man
To say the least, got a little out of hand
Well, Lord Mr. Ford, what have you done
Come away with me Lucille
In my smoking, choking automobile
Die letzten Zeilen, in denen sich Lucille auf automobile reimt, sind aus dem über hundert Jahren alten Song In my merry Oldsmobile. Damals sah das automobile Paradies noch etwas anders aus.
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